Das Geläut
· 3 Glocken aus Bronze, Sie bilden zusammen ein Läutemotiv „Pater Noster“
kleine Glocke
- 1922
- Ton: h
- Inschrift: Lasset die Kindlein zu mir kommen. (Markus 10,14)
- Inschrift 2: Mit der Freude Feierklange begrüßt sie das geliebte Kind auf seines Lebens erstem Gange. (Schiller)
mittlere Glocke:
- 1951
- Ton: a
- Inschrift: Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. (Lukas 11,28)
große Glocke (Friedensglocke):
- 2016
- Ton: g
- Inschrift: Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.
Der Klang der Friedensglocke
Details der Glocke
Die Indienststellung der Friedensglock
- 05. August 2016: Guss der Friedensglocke in Lauchhammer
- 16. August 2016: Abnahme durch Herrn Kreß, den Gebietsbeauftragten Leipzig für Geläute und Turmuhren
- 25. September 2016: Begrüßung der Glocke in einem Festgottesdienst vor der Friedenskirche
- Aufstellung der Glocke im Vorraum der Friedenskirche
- 31.10. 2016: Kirchweihfest – Die neue Glocke erklingt zum ersten Mal aus dem Turm der Kirche
Foto: Günter Lehmann
Die Ankunft vor der Friedenskirche
Zum Gemeindefest am 25. September 2016 wurde während eines Festgottesdienstes vor der Friedenkirche die neue Glocke begrüßt und konnte das erste Mal von allen Seiten bewundert und berührt werden. Ein festliches Rahmenprogramm, gestaltet von den Kurrenden und den Kindern des MichaelisKinderGartens, ließen diesen Gottesdienst zu einem eindrucksvollen Erlebnis werden.
Foto: Olaf Dietzel
Der Guss der Friedensglocke ist gelungen!
Am 16. August erfolgte die Abnahme der Friedensglocke durch Herrn Kreß, den Gebietsbeauftragten Leipzig für Geläute und Turmuhren.
Nun können wir uns auf die Begrüßung der Friedensglocke am 25. September im Festgottesdienst vor der Friedenskirche freuen!
Historischer Tag für die Friedenskirche – Guss der Friedensglocke in Lauchhammer
Freitag, den 5. August 2016, etwa 13:15 Uhr ist es endlich so weit: Die ca. 1100 °C heiße Glockenspeise – eine Mischung aus Bronze und Zinn – ergießt sich kochend und knisternd in den Boden der Glockengießerei Lauchhammer, wo unsere Friedensglocke in ihrer Grube Form und Gestalt annehmen wird. 40 Gemeindemitglieder, Pfarrer Dr. Ralf Günther und die Künstlerin Maria Ondrej sind eigens angereist, um den Guss der neuen Friedensglocke zu erleben.
Pfarrer Dr. Ralf Günther hielt kurz zuvor eine Andacht anlässlich dieses „historischen Tages“ für unsere Gemeinde. Schließlich ist der Glockenguss ein wichtiger Schritt, den Glockenstuhl in der Friedenskirche bald zu vervollständigen. Der Friedensgruß „Friede sei mit euch“ wird mitschwingen, wenn die Glocke zum ersten Mal erklingt, und zwar am Reformationstag 2016.
Man merkt, wie stolz Pfarrer Ralf Günther auf seinen ursprünglich erlernten Beruf ist – Metallmodellbauer mit Spezialisierung Formenbauer – und dass er bereits drei Glocken mit seiner vorherigen Gemeinde gegossen hat. Fachkundig erklärt er mir, wie die Formenkästen in der Gießerei verwendet werden und wie die Gießer Rissen und Blasenbildung beim Guss vorbeugen. Die Gießerei stellt 10% mehr Glockenspeise her als urspünglich berechnet, zusätzliche Kanäle lassen die Glockenspeise quasi „nachrutschen“ wenn sich die Glocke beim Guss abkühlt.
Dennoch will Ralf Günther nicht von Routine sprechen: „Von wegen Routine, ich hatte auch gedacht, es würde für mich dieses Mal nicht so aufregend werden. Aber im Gegenteil: während der Andacht – von wegen ‚historisches Ereignis‘ – und dann auch beim Guss selbst war ich sehr ergriffen von dem Moment und lief es mir kalt den Rücken herunter.“ Er ist dankbar dass er beim Glockenguss dabei sein konnte. Er sagt: „Dass diese Glocke zum Frieden ruft und immer wieder neu zum Frieden mahnt, das kann nun niemand mehr abstreiten.“
Maria Ondrej, die die Glocke künstlerisch gestaltete, begleitete den Guss voller Enthusiasmus. Sie betont, dass der Guss noch nicht das Ende des Projektes bedeutet. Sie ist erst dann zufrieden, wenn die Stimme der Glocke zu hören ist. Voller Tatendrang blickt sie auf Ihre nächsten Arbeiten und erzählt von Ihrer letzten Ausstellung in New York.
Die Schablone, die die Gießerei zur Herstellung der Glockenform verwendet hat, nahm Pfarrer Ralf Günter mit nach Leipzig. Sie wird die Gemeinde noch lange an den Guss unserer Friedensglocke erinnern.
Sebastian Brunner
„Am nächsten Tag hat man andere Augen“ – Gespräch mit Maria Ondrej, Gestalterin der neuen Bronzeglocke für die Friedenskirche.
Es ist ein sonniger und entspannter Montagnachmittag, 14:00 Uhr. Ich treffe Maria Ondrej im Café in der Baumwollspinnerei in Leipzig. Maria Ondrej (geboren 1965 in Leipzig) ist eine erfahrene Bildhauerin und Grafikerin. Mit Ihrem Mann betreibt sie das „Atelier für Radierung Leipzig“ in der Spinnerei. Dort arbeiteten die beiden Künstler professionell mit der Technik Radierung und laden dazu ausgewählte Kollegen ein. So entstehen einmalige, kleine grafische Sammlungen mit zeitgenössischer Kunst. Diese Projekte werden in Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt; in diesem Jahr in Frankreich und New York, am 21. Juli in Leipzig.
Zum Guss von Bronzeglocken kam sie durch einen Zufall, wie sie erzählt: Die Gemeindeverwaltung Machern hatte sie beauftragt, einen Brunnen mit Bronzetafeln für den Marktplatz zu gestalten. Dadurch war auch die Kirchgemeinde in Machern auf die Künstlerin aufmerksam geworden und sprach sie deshalb an, eine neue Glocke für die Kirche in Altenbach zu entwerfen, schließlich sei das ganze „doch so ähnlich“. Seither hat Maria Ondrej fünf Kirchenglocken entworfen und realisiert. Auf Grund Ihrer Erfahrung kann sie unserer Gemeinde ein Komplettpaket bieten.
Identifikation und Ideenfindung
Zur Bronzeglocke unserer Friedenskirche hat Maria Ondrej eine besondere Verbindung: „Das Thema Frieden war innerlich da“, erzählt sie, und zwar nach einem persönlichen Verlust. Sie kam auf die Idee, das Wort Friede in verschiedenen Sprachen auf die Glocke zu bringen. Bei der Übersetzung half Professor Haspelmath, Sprachwissenschaftler aus Leipzig. Maria Ondrej hat seine Adresse zufällig im Internet gefunden und ihn angeschrieben. Übrigens: Es war seine Idee, das Wort Friede in genau die Sprachen zu übersetzen, die zur Zeit in Leipzig gesprochen werden. (Die Stadt Leipzig hatte die Bevölkerungsgruppen, die in Leipzig leben, statistisch erfasst und veröffentlicht.)
Mit viel Leidenschaft arbeitet Maria Ondrej an der Menschenkette. „Zwei Figuren dauern etwa einen ganzen Tag.“ Eine Nacht schläft sie darüber und sieht sich das Ergebnis noch einmal ganz genau an: „Am nächsten Tag hat man andere Augen“, sagt Maria Ondrej. Dabei kam es schon vor, dass sie einzelne Pärchen komplett neu formte weil das Ergebnis ihren Ansprüchen nicht genügte. Letztendlich versteht sich Maria Ondrej als Ausführende, die Anregungen gibt und die Gedanken und Wünsche unserer Gemeinde umsetzt.
Die Menschenkette auf der Glocke schafft einen Bezug zur Geschichte von Leipzig. Maria Ondrej freut sich, dass sich unsere Gemeinde derart mit der Glocke identifiziert und erinnert sich noch genau an die Ideenfindung mit der Arbeitsgruppe: Zum Beispiel wurde angeregt „ne ganz Hübsche“ in die Menschenkette einzufügen. Diskutiert wurde auch über einen Hund als Teil der Menschenkette – letztendlich einigte sich die Arbeitsgruppe auf einen Blindenhund.
Die Energie, die wir in die Glocke stecken, sieht Maria Ondrej als Investition in die Zukunft –angesichts der Lehren, die wir aus der Geschichte ziehen, und einer Haltbarkeit der Glocke von 500 Jahren.
Kunst und Technik
Allein der Guss der Glocke ist langwierig, kompliziert und aufwendig, das wusste schon weiland Friedrich Schiller. Die künstlerische Bearbeitung verlangt penibles Arbeiten und viel Fingerspitzengefühl, wobei Maria Ondrej einige Restriktionen beachten muss. Damit die Glocke gleichmäßig schwingen kann, muss das Gewicht, das das Relief mit sich bringt, ausgewogen um die Glocke verteilt sein. Um den Klang der Glocke nicht zu beeinflussen, darf das Relief auf der Glocke nur fünf Millimeter hoch sein – das entspricht etwa einem Schreibblock mit 50 – 100 Blatt.
Zunächst modelliert Maria Ondrej die Figuren in Ton und nimmt anschließend einen Silikonabdruck. Vor dem Glockenguss werden die Silikonformen mit Gips ausgegossen, die Buchstaben schneidet Maria Ondrej aus Wachsplatten. Die Gipsformen und die Buchstaben legt sie auf die „falsche Glocke“ in der Gießerei auf. Die „falsche Glocke“ ist eine Art Füllmantel, den man vor dem Guss ausbrennt. Dort hinein fließt später die sogenannte Glockenspeise (eine Legierung aus Kupfer und Zinn) die auch die Hohlräume ausfüllt, die die Gipsformen und die Buchstaben hinterlassen haben.
Termin und Guss
Obwohl die Gießerei in Lauchhammer reichlich Erfahrung hat, bringt der Guss gewisse Risiken mit sich – „unmöglich ist nichts“, sagt Maria Ondrej. Die Glocke könnte Fehler haben. In diesem Fall muss die Glocke neu gegossen werden – dann ist es ein großer Vorteil, dass die Menschenkette mittels der Silikonformen wiederhergestellt werden kann. „Jede Glocke ist einmalig die ich gestalte und schon der Entstehungsprozess ein besonderes Erlebnis“, sagt Maria Ondrej. Die größte Zufriedenheit empfindet sie, wenn die Glocke klingt und ihre starke Botschaft von unserer Gemeinschaft als friedliches Miteinander aussendet.
Sebastian Brunner